Der Bremer Weserkurier berichtet über Fadi Schukfeh

Anlässlich seiner Veranstaltung bei der Palästinensischen Gemeinde berichtet der Weserkurier am 02.09.2025 ausführlich über Fadi Schukfeh und seine aufopferungsvolle Arbeit in den Krankenhäuser von Gaza. Wir bringen einige Auszüge.


Wie der deutsch-syrische Arzt Fadi Schukfeh in einem Krankenhaus in Gaza operiert

Im September operiert er wieder im Gazastreifen: der deutsch-syrische Arzt Fadi Schukfeh.
Im Nasser-Krankenhaus in Khan Yunis operiert der Urologe Fadi Schukfeh Opfer der israelischen Angriffe.

Bremen. „Auch in Israel würde ich operieren, wenn man mich dort brauchte“, versichert Fadi Schukfeh und lächelt – wie so oft. Dabei hat er eine halbe Stunde zuvor noch grauenvolle Fotos aus seiner letzten Wirkungsstätte, dem Nasser-Krankenhaus in Khan Yunis, gezeigt: Haufen von Leichen auf den Fluren, blutige Schlieren auf dem Boden und an den Wänden, Trümmer und zerstörte Gerätschaften. An diesem Montagvormittag hatte das israelische Militär die Einrichtung gleich zweimal beschossen, offenbar auch mit großem Kaliber. „Auch ein Kollege von mir wurde getötet“, sagt der zierliche Arzt, der nach zwei Einsätzen im Gazastreifen stets per Handy und WhatsApp Kontakt zu Helfern vor Ort hält. Am 25. September wird er ein drittes Mal dort hinreisen – wenn die israelischen Behörden ihn in das Kriegsgebiet hineinlassen.

Die Hilfsorganisation Rahma Worldwide, die sich einer islamischen Philanthropie nach den Grundsätzen der Zakat (Mildtätigkeit) verpflichtet fühlt, organisiert die jeweils 14-tägigen Einsätze. Spätestens vier Wochen vor Beginn hat die NGO mit Sitz in Beverly Hills, USA, alle notwendigen Dokumente eingereicht. „Aber erst 24 Stunden vorher erfahre ich von den Israelis, ob ich tatsächlich in den Gazastreifen darf“, berichtet Schukfeh. Von Deutschland aus fliegt er zunächst in die jordanische Hauptstadt Amman, vor dort aus geht es dann auf dem Landweg durch Israel bis zum Grenzübergang Kerem Schalom. Er saß aber auch im Juni zwei Wochen in Amman fest, weil die Israelis ihm zunächst die Einreise verweigerten, dann aber doch genehmigten. Nach welchen Kriterien das entschieden werde, sei ihm völlig unklar, sagt der Arzt.

Die Kosten für die Hin- und Rückreise trägt der 72-jährige, der deutlich jünger wirkt, selbst. „Ich komme klar, ich habe eine Rente und auch einiges zurückgelegt“, lächelt er wieder. Bis Ende März 2022 betrieb er eine urologische Praxis in Achim, früher hatte er auch einige Jahre am St. Jürgens-Krankenhaus als Oberarzt gearbeitet. Vor drei Jahren zog es den gebürtigen Syrer in seine Heimat – genauer: Nach Idlib, in die Rebellenhochburg, die von Truppen des Diktators Bashar al-Assad und verbündetem russischen Militär eingeschlossen war. „Dreimal war ich dort, und als ich ein viertes Mal hinwollte, war Syrien frei.“

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Und was braucht er am dringendsten in Gaza? „Alles“, sagt er traurig lächelnd. „Etwa Desinfektionsmittel, aber oft habe ich für meine Hände nur Seife.“ Zum Nähen müsse er zu dicke Fäden nehmen, die dann aber dicke Narben an der Harnröhre verursachen. Nach der OP fehle es an Antibiotika, damit sich die Patienten nicht infizierten. Und zuvor habe man nicht genügend Narkosemittel, um die Patienten ohne Schmerzen zu operieren.

Das machen die internationalen Ärzte wie Fadi Schukfeh dann bis zu 18 Stunden am Tag – ohne merklich besser versorgt zu sein als die übrige Bevölkerung. „Täglich gab es einen Brotfladen, etwa so groß wie ein Frühstücksteller, und nachmittags etwas Reis dazu. Das Brot habe mir für morgens, mittags, abends immer in drei Teile geschnitten.“ Zudem durfte er für die 14 Tage 14 Thunfischdosen mitnehmen. „Aber ich habe mich geschämt, die zu essen, wenn die anderen nichts essen können – also habe ich sie in meinem Spind zurückgelassen.“

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Was kontrolliert die islamistische Terrortruppe Hamas, die den Gazastreifen seit 18 Jahren beherrscht, eigentlich noch? „Ehrlich gesagt: Man hat keine Ahnung, was läuft“, räumt Schukfeh ein. Wenn er mit Kollegen diskutiere, gebe es sowohl Sympathisanten als auch entschiedene Gegner der Hamas. Er selber habe nie Hamas-Kämpfer zu Gesicht bekommen, dafür aber einen Schusswechsel der Schmuggler-Truppe Al-Shabab mitbekommen, die wiederum von den Israelis protegiert werde. Der Frage, ob die Hamas Krankenhäuser auch als „Schutzschild“ für ihre militärische Infrastruktur nutze, weicht der Arzt aus, spricht stattdessen von Journalisten, welche die Israelis erschossen hätten. Auch die jüdischen Geiseln in Händen der Hamas seien „ein Tabuthema“.

Über sein eigenes Risiko spricht der dreifache Vater und zehnfache Großvater geradezu lässig. Natürlich müsse er jedes Mal Abschied nehmen von seiner Frau und seiner Familie. „Aber jedes Leben hat einen Anfang und ein Ende – und ich sterbe lieber für einen guten Zweck als an einer Krankheit“, sagt Fadi Schukfeh – und lacht leise.

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